„Between realities“: Jiddisch für junge Menschen

Teilnehmende des jiddischen Jugendcamps „Generation J“ haben auf einer Abschlussveranstaltung künstlerische Projekte vorgestellt – sie kreisten um jiddische Sprache, Kultur und Protest.

Von Conni Lingua

Eine teilnehmende Person bemalt ein T-Shirt mit der jiddischen Aufschrift „binyen ariber“ – das heißt auf Deutsch übersetzt „hinüber bauen“. Foto: Alma Roggenbuck

Das Jugendcamp „Generation J“ hat in diesem Jahr zum zweiten Mal stattgefunden. Vom 28. April bis zum 9. Mai trafen sich 30 junge Erwachsene im thüringischen Mühlhausen, um sich mit jiddischer Kultur auseinanderzusetzen und eigene künstlerische Projekte zum Thema zu entwickeln. Ihre Arbeiten stellten die Teilnehmenden bei einer Abschlusspräsentation am 8. Mai im Göttinger Kollektivcafé vor, das weiterhin nach einem neuen Namen sucht.

Performances, Lieder, Klangcollagen, Zeichnungen: Die Teilnehmenden wählten vielfältige Formen, um ihre Verständnisse von Yidishkeyt auszudrücken. Inhaltlich kreisten die Beiträge um die jiddische Sprache und Kultur, aber auch um Fragen von Protest, Identität und Empowerment. So befasste sich eine Person mit der Frage, was es bedeute, jüdisch und queer zu sein. Zwei weitere Teilnehmende übersetzten ein ukrainisches Widerstandslied auf Jiddisch. „Ich habe den Eindruck, dass sich viele junge Leute für die Sprache und die Kultur interessieren“, sagte Pressesprecher Dirk Hornschuch. Anliegen des Camps sei es, Menschen in ihrem Interesse am Jiddischen zu verbinden und einen herrschaftskritischen Austausch zu gestalten.

„Jiddisch ist nicht an Grenzen geknüpft“

Wie bereits im letzten Jahr standen Sprachkurse, Exkursionen und Workshops auf dem Programm. Die Leitung übernahm ein Team aus Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen. Um am Camp mitzuwirken, legten die Teilnehmenden mitunter weite Wege zurück, etwa aus Argentinien, Estland und den USA. „Jiddisch ist keine nationale Sprache und nicht an Grenzen geknüpft“, so Projektleiterin Alma Roggenbuck  – hieraus ergebe sich auch ein subversiver Charakter.

„Between realities“ lautete der Titel der diesjährigen Abschlussveranstaltungen. Ob jüdisch oder nicht-jüdisch, Jiddisch-Profi oder -Anfänger*in: Zur Teilnahme am Camp waren alle eingeladen, die mit der jiddischen Kultur verbunden oder daran interessiert sind. „Wichtig ist nur, den eigenen Bezug zu reflektieren“, sagte Alma. Im Fokus des Projekts stünde auch die kulturelle Vielfalt jüdischer Geschichte und Gegenwart. Es ginge darum, eine Gemeinschaft zu schaffen, in der Raum für kulturelle Tiefe und respektvolle Beziehungen besteht.

Das Camp fand erstmalig 2021 während des „Yiddish Summer Weimar“ statt – ein Festival für jiddische Musik und Kultur, das seit über 20 Jahren besteht. Es ist, wie auch der Yiddish Summer, ein Projekt des Vereins „Other Music Academy“.